Die Geschichte vom Wald der Bauland werden soll

Eine wundersame Vermehrung von Bauland und Quadratmeterpreisen kritisiert die Aktionsgemeinschaft Lebenswertes Königstein (ALK) beim Falkensteiner Bebauungsplan F 19.

Waldgrundstück am Reichenbachweg

Noch unter Bürgermeister Fricke hatte das Stadtparlament am 9. Juni 2005 beschlossen, für das am Ende des Reichenbachwegs liegende Gelände der Hessischen Erwachsenenbildungsstätte einen Bebauungsplan aufzustellen, erinnerte die ALK-Fraktionsvorsitzende Dr. Hedwig Schlachter. Das Plangebiet umfasste die Grundstücke 11/7 und 11/9 mit einer Fläche von 13.376 Quadratmetern, die als „Sondergebiet – Zentrale Erwachsenenbildung“ im Flächennutzungsplan ausgewiesen waren. Für den besonderen Zweck Bildung sei vor Jahrzehnten eine Bebauung im Wald als Ausnahme genehmigt worden, eine Wohnbebauung wäre von den übergeordneten Behörden wohl nicht akzeptiert worden, so Schlachter.

Änderung im regionalen Flächennutzungsplan in „Wohnbaufläche“

In der Begründung für den Aufstellungsbeschluss des Bebauungsplans hieß es 2005, das Land betreibe den Verkauf dieses Grundstücks und die Interessenten beabsichtigten, das Grundstück für Wohnbauzwecke zu nutzen. Schon in einer Stadtverordnetensitzung am 24. Juli 2003 war die Änderung des Gebietes im regionalen Flächennutzungsplan in „Wohnbaufläche“ mit einer knappen Mehrheit von 17 zu 13 Stimmen beschlossen worden, nachdem nur eine Woche zuvor im Ausschuss für Planungs-, Umwelt- und Bauangelegen diese Änderung noch mit neun gegen lediglich eine Stimme klar abgelehnt worden war. Gemäß dem Aufstellungsbeschluss aus dem Jahr 2005 war das städteplanerische Ziel, vier bis maximal sechs eingeschossige Wohngebäude auf dem Gelände der Hessischen Erwachsenenbildungsstätte zu errichten.

Bürgermeister 2006: "Kein städtebaulicher Handlungsbedarf"

Nachdem Leonhard Helm im Jahr 2006 Bürgermeister geworden war, ruhte das Verfahren zunächst, weil er noch an seiner Wahlaussagen „Keine neuen Baugebiete in Königstein“ festhielt und für vier bis sechs Häuser am Rande Falkensteins kein städtebaulicher Handlungsbedarf zu erkennen war, so die zweitgrößte Fraktion des Stadtparlaments. Dazu habe der Bürgermeister zu Beginn seiner ersten Amtszeit gesagt, er sehe es nicht ein, dass die Stadt Königstein einen Bebauungsplan aufstellen sollte, nur weil das Land hier bei dem Verkauf einen Baulandpreis erzielen wolle. Im Lauf der Jahre hat der Bürgermeister zum Bedauern der ALK seine Position jedoch geändert. Laut gut unterrichteten Kreisen sei erheblicher Druck aus Wiesbaden auf die Stadt ausgeübt worden, so die Fraktionsvorsitzende. Hohe Würdenträger des Landes seien in Königstein vorstellig geworden, um die Stadt dazu zu bewegen, den Bebauungsplan endlich auf den Weg zu bringen.

Neu einbezogenes Waldgrundstück eines Privatmanns

An diesen fahrenden Zug habe sich zudem noch ein Privatmann angehängt, dessen unbebautes Waldgrundstück zwischen der ehemaligen Hessischen Erwachsenenbildungsstätte und der letzten Villa am Reichenbachweg liegt. Dieser erreichte offenbar, dass der Bebauungsplan um sein Land erweitert wurde: Das Plangebiet wuchs um 4.253 auf nunmehr 17.629 Quadratmeter, aus einst vier bis maximal sechs zulässigen Wohngebäuden wurden nun acht Villen mit maximal je zwei Wohnungen. Das neu einbezogene Grundstück des Privatmanns umfasse 2.410 Quadratmeter, für diese Fläche seien zwei Baugrundstücke von jeweils mindestens 1.200 Quadratmetern vorgesehen. Die ALK kritisierte, dass ein für jeden als Wald erkennbares Stück Land mit zahlreichen stattlichen Laubbäumen ohne Not zu Bauland werden solle. Nach Auffassung der ökologischen Wählergemeinschaft würde dies einen Verstoß gegen Paragraph 1, Abs. (5) des Baugesetzbuches bedeuten. Darin seien insbesondere als Grundsätze der Bauleitplanung formuliert, dass eine städtebauliche Entwicklung zu gewährleisten sei, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch gegenüber künftigen Generation miteinander in Einklang bringe sowie vorrangig Maßnahmen im Innenbereich der Gemeinden städtebaulich zu entwickeln seien.

Für die Zahlung von zehn Prozent einen Bebauungsplan gesichert

Vierter Kritikpunkt neben Bebauung, der Erweiterung der Fläche und der Vernichtung von Wald ist für die unabhängige Wählergemeinschaft ein zwischen dem Grundstückseigentümer Land Hessen und der Stadt geschlossener Vertrag, laut dem das Land der Stadt zehn Prozent des Verkaufspreises zu zahlen hat. Mit anderen Worten, so Schlachter, das Land habe sich für die Zahlung von zehn Prozent einen Bebauungsplan gesichert, der die Explosion des Grundstückspreises zur Folge habe. Wie viel Mark pro Quadratmeter das Land ursprünglich für das Waldgelände gezahlt habe, sei den Gremien nicht bekannt, höchstwahrscheinlich habe der Preis aber deutlich unter den sechs Euro pro Quadratmeter gelegen, die heutzutage pro Quadratmeter Wald in der Gemarkung Falkenstein nach Bodenrichtwertkarte gezahlt würden. Die Folge des Bebauungsplans sei nun, dass der Grundstückspreis auf sicherlich 700 Euro pro Quadratmeter oder mehr hochschnelle. Für das gegenüber dem Plangebiet liegende Gelände des ehemaligen Hauses Raphael beträgt der Bodenrichtwert schon derzeit 710 Euro pro Quadratmeter. Der Anteil von zehn Prozent am Verkaufserlös wäre zwar einerseits gut für die leere Stadtkasse, andererseits stelle sich aber die moralische und juristische Frage, wie zu beurteilen sei, dass die Stadt an der Schaffung von Bauland gewissermaßen finanziell beteiligt werde. Der private Nachbar übrigens, dessen Waldland sich im Windschatten des Landesgrundstücks in seinem Wert verhundertfache, müsse keine zehn Prozent des späteren Verkaufserlöses an die Stadt abtreten.

Knappe Ausschussmehrheit

Im Ausschuss für Planungs-, Umwelt- und Bauangelegenheiten hatten sich in der vergangenen Woche CDU, FDP und SPD mit ihrer knappen Mehrheit von 6 zu 5 Stimmen gegen ALK und Grüne durchgesetzt. (23.11.2015)

Waldgrundstück am Reichenbachweg
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