Kritik an Planungsauftrag für Kindergartenneubau

Die ALK ist klar für den Bau eines neuen Kindergartens für die Kern­stadt, es ist aber kein Geheimnis, dass sie einen Bau am Hardtberg sehr skeptisch sieht. Zum einen würden durch einen Kindergarten an dieser Stelle die Verkehrsprobleme auf der B 8 stark zunehmen, zum anderen würde die ALK den Hardtberg (Messer-Wiesen) gerne aus Gründen der Ökologie und des Stadtbildes von weiterer Bebauung freihalten.

Aus Sicht der unabhängigen Wählergemeinschaft hatte das vom Grundstücks­eigentümer der Stadt angebotene „Zuckerchen“ Kindergarten eine positive Stimmung für die Bebauung der restlichen Wiesenflächen mit Villen geschaffen.

Nun gibt es zu allem Überdruss bei der Vergabe des Auftrags an ein Architek­turbüro für die Planung des Kindergartens ziemlich viele Ungereimtheiten. Diese zählte die ALK-Stadtverordnete Runa Hammerschmitt am 9. November 2017 in ihrer Rede vor der Stadtverordnetenversammlung auf und stellte neun bohrende Fragen:

Rede der ALK-Stadtverordneten
Runa Hammerschmitt am 9. November 2017

Wir sollen heute über die Vergabe der ersten zwei Phasen der Architektenleistungen für den Neubau des städtischen Kindergartens auf dem Hardtberg-Gelände entscheiden.

Einig sind wir uns alle, dass wir in Königstein endlich einen neuen Kindergarten brauchen. Einig sind wir uns alle auch, dass sich hier endlich etwas bewegen muss. 10 Jahre Warten auf den Kindergarten sind mehr als genug.

Unstrittig ist ebenfalls, dass wir als ALK den Hardtberg als Baugebiet nicht favorisieren, auch nicht als Standort für einen Kindergarten. Die Argumente wurden hinreichend ausgetauscht, die politischen Mehrheiten haben sich dafür entschieden, das Gelände zu bebauen und dort auch einen Kindergarten unterzubringen. Wir haben die Entscheidung nicht mitgetragen, aber wir erkennen die Faktenlage an. Mit anderen Worten: das Ja, wir brauchen einen neuen Kindergarten - bleibt.

Heute nun geht es um die Vorplanung des Architekturbüros, das bereits 2013 die Vorplanung für einen Neubau am derzeitigen Standort Eppsteiner Straße erstellt hatte. Für die Phasen 1 und 2 von insgesamt 9 Phasensollen ca. 29.000 € über eine außerplanmäßige Ausgabe bereitgestellt werden, für Vermessungsarbeiten noch einmal ca. 6.000 € - insgesamt möchte der Magistrat von uns also 35.000 € bewilligt bekommen.

So weit so gut. Im Haupt- und Finanzausschuss (HFA) wurde argumentiert, dass nun schnelle Schritte erforderlich seien, damit sich endlich etwas tut und – wie ich annehme – man auch an die Öffentlichkeit das Signal geben kann: Der Kindergarten kommt. Das können wir nachvollziehen.

Worauf basiert die Handlungsvorgabe für das Architekturbüro?

1. Gibt es schon einen verabschiedeten Bebauungsplan? Nein

2. Gibt es einen städtebaulichen Vertrag mit dem Bauherrn, in dem die Details des Bauvorhabens schriftlich fixiert sind? Nein

3. Ist das Grundstück schon vermessen worden? Nein

4. Wer ist eigentlich der Bauherr? Zunächst hieß es, dass der Verkäufer den Kindergarten baut, dann hieß es, dass die Stadt den Kindergarten baut, jetzt heißt es, dass per Umlegungsverfahren gebaut werden soll.

5. Wem wird das Gelände gehören, auf dem der neue Kindergarten samt Außengelände entstehen soll? Angeblich darf die Stadt bei einem Neubaugebiet bis zu 30 % der Fläche „bekommen“. Das allerdings gilt nur für unerschlossene Baugebiete – und der Hardtberg ist zumindest teilerschlossen. Was ist Sache?

6. Wenn die Stadt die Bauherrschaft übernimmt, welche Einheit ist es dann konkret? Der Magistrat oder die Grundstücks- und Verwaltungs-GmbH? Unklar.

7. Das Architekturbüro hatte für die erste Planung bereits 30.000 € erhalten, laut Beschlussvorlage „muss noch verhandelt werden“, wie die Entschädigung der damaligen Planungskosten für die Stadt aussehen soll. Nicht erledigt

8. Angeblich besteht keine neue Ausschreibungspflicht. Das Büro bietet die Gesamtleistung für ca. 317.000 € an. Dieser Betrag liegt sogar über dem Schwellenwert für europaweite Ausschreibungen, der netto bei 209.000 € für Dienstleistungen liegt. Allerdings gibt es – wie uns gesagt wurde – die VgV – darin wird gesagt, dass eine nationale Ausschreibung möglich ist, wenn in einzelnen Tranchen/Losen vergeben wird und der geschätzte Gesamtnettowert der Leistung unter 80.000 € liegt, bzw. das Bauvolumen unter einer Million. So, wie ich es sehe, muss die gesamte Architektenleistung zumindest national ausgeschrieben werden. Denn keiner von uns kann sich vorstellen, dass der Architekt sich bereit erklärt die Phasen 1 + 2 zu machen, ohne dass er eine Zusage für die weiteren Phasen bekommt. Außerdem müssen wir als Stadt ja auch noch die 30.000 € für die alte Planung wiederbekommen. Faktenlage? Fragezeichen.

9. Das Architekturbüro soll jetzt – und das ist neu - Kindergarten und Kinderkunstwerkstatt in einem Gebäude planen. Gleichzeitig heißt es in der Beschlussvorlage „eine absolut vergleichbare Planungsleistung“ wird angeboten. Ich frage mich: Wie soll das gehen? Eine Kindergartenplanung für 7 Gruppen ist etwas anderes als eine Planung für Kindergarten plus Kunstwerkstatt. Wie groß soll die KiKu sein? Sollen die Räumlichkeiten auf das geplante Gebäude aufgesetzt werden oder daran angebaut? Gibt es eine Vereinbarung zwischen Stadt und KiKu über die Planung, wurde die KiKu in das Verfahren schon mit einbezogen? Informationsstand im HFA und in der StVO: Null

Wir sollen also einen Beschluss fassen über eine Ausgabe für Planungen i.H. von 30.000 Euro, wobei wir nicht einmal genau wissen, wie das Gebäude mit der KiKu aussehen soll und wie groß das Grundstück für den Kindergarten genau ist? Wir wissen nicht, wie der städtebauliche Vertrag aussieht, wir wissen nicht, ob ausgeschrieben werden muss, wir wissen nicht, wie die Stadt ihre bereits verauslagten 30.000 € für die Erstplanung wiederbekommt. Wir im Parlament wissen also nur, dass wir nicht genug wissen. Wird hier nicht Schritt Nr. 3 vor Schritt Nr. 1 gemacht?

Gerade eben haben wir einstimmig einen Akteneinsichtsausschuss eingerichtet, der sich mit den Hintergründen vorschneller Zahlungen seitens der Stadt für eine Asylbewerberunterkunft befasst. Dabei geht es um eine halbe Million Euro, die in den Sand gesetzt wurden. Jetzt geht es immerhin um einen fünfstelligen Betrag. In den Haushaltsverhandlungen streiten wir uns manchmal über 1000 Euro mehr oder weniger für die Straßenbeleuchtung. Ich muss sagen, Vertrauen ist gut, aber Kontrolle ist mir lieber.

Nun langweile ich mich bereits im Vorfeld wieder über die Gegenstimmen unserer geschätzten Parlamentskollegen, dass die ALK ja nur blockieren will und nur verhindern will, dass endlich etwas passiert. An dieser Stelle können und wollen wir nichts blockieren, denn das Baugebiet ist beschlossene Sache und der Kindergartenbau auch. Aber wir können dafür plädieren, hier nicht wieder im Schnellschuss zu agieren, sondern zunächst die notwendigen Fakten auf den Tisch zu bekommen und dann eine fundierte und wirtschaftlich sinnvolle Entscheidung zu treffen. Das ist verantwortungsvoller Umgang mit unserem Mandat und dem Geld der Steuerzahler.

Im HFA wurde uns mitgeteilt, dass zur nächsten Sitzungsrunde, also im Dezember, der Bebauungsplan aufgestellt sein wird und der städtebauliche Vertrag vorliegen soll. Bis dahin können auch die Verhandlungen mit dem Architekturbüro über die Verrechnung der bereits von uns gezahlten 30.000 € abgeschlossen werden. Das Büro kann zusammen mit der KiKu einen Plan machen, wie diese in das Vorhaben eingebunden werden kann. Es kann geklärt werden, ob ausgeschrieben werden muss oder nicht. Das Gelände kann vermessen werden, dafür können wir gerne heute schon 6.000 € zur Verfügung stellen, dann haben wir im Dezember wenigstens hier schon mal valide Werte. Und es kann geklärt werden, wer der Bauherr ist und wie das gesamte Bauvorhaben finanziert werden soll.

Heute sollen wir entscheiden, ohne konkrete Daten vorliegen zu haben. 9 zum Teil elementare Fragen sind ungeklärt.

In fünf Wochen, bei der nächsten Stadtverordnetenversammlung am 14. Dezember, können wir wesentlich fundierter entscheiden mit konkreten Daten, Zahlen und Beträgen.

Wir verausgaben hier verantwortlich Geld, das wir alle als Steuerzahler mühsam verdienen.

Aus diesem Grunde stellt die ALK-Fraktion folgenden Antrag:

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

Die Beschlussvorlage Drucksache Nr. 230/2017
„Neubau einer Kindertagesstätte mit 7 Gruppen sowie die Unterbringung der Kinderkunstwerkstatt“

Hier: Vergabe der Architektenleistung nach HOAI Leistungsphase 1 und 2 sowie Genehmigung einer außerplanmäßigen Ausgabe nach § 100 HGO wird bis zur nächsten Sitzung der STVO am
14. Dezember 2017 zurückgestellt, bzw. bis zum Vorliegen des städtebaulichen Vertrags und des Bebauungsplans für das Bauvorhaben Hardtberg.

Die Stadtverordnetenversammlung genehmigt die im Zuge der Beschlussvorlage beantragte Summe i.H.v. 6.000 € für die Vermessung des Grundstücks als außerplanmäßige Ausgabe.

Die Stadtverordnetenversammlung fordert den Magistrat auf, zusätzlich zur Fertigstellung der Baugenehmigung und des städtebaulichen Vertrags bis zur nächsten Stadtverordnetenver­sammlung am 14. Dezember 2017 bisher ungeklärte Fragen zu klären, insbesondere:

  • Tatsächliche Bauherrnschaft und Einsatzmöglichkeit des Umlageverfahrens;
  • Klärung einer möglichen Ausschreibungspflicht für die Architektenleistungen;
  • Falls keine Ausschreibungspflicht besteht: schriftliche Einigung mit dem Architekturbüro zur Verrechnung des bereits für die Vorplanung Eppsteiner Str. vereinnahmten Betrags i.H.v. 30.482,99 € mit zukünftigen weiteren Planungsleistungen;
  • Angaben zu Möglichkeiten der Einbindung der Kunstwerkstatt in das Kindergartengebäude.
Soweit der Antrag. Dann kam die Abstimmung – Der ALK-Antrag wurde von den vier Bündnisparteien CDU, FDP, SPD und Grüne abgelehnt. Diese Parteien beschlossen anschließend die Auftragsvergabe trotz der ungeklärten Fragen. (13.11.2017)
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