wALK & tALK im Stadtwald bei Falkenstein am 17. Oktober 2020

Unter sachkundiger Leitung von Sebastian Gräf, dem stellvertretenden Forst­amtsleiter bei HessenForst im Forstamt Königstein, machten sich am Samstag­nachmittag 35 Interessierte auf den Weg durch den Königsteiner Stadtwald, um sich über den Zustand unseres wichtigsten Naherholungsgebiets zu informie­ren. Dass sie dann sogar selbst etwas für den Wald tun konnten, kam für alle Teilnehmer überraschend und gab dem wALK einen zusätzlichen Nutzen.

Die Gruppe lässt sich über den Zustand des Stadtwaldes oberhalb von Falkenstein informieren

Nach einer Einführung in das Thema durch ALK-Stadträtin und Gründezernentin Gabriela Terhorst beschrieb Gräf kurz das Gebiet des mit rund 150 Hektar vergleichs­weise kleinen Königsteiner Stadtwaldes, der von großen Waldflächen in staatlichem Eigentum umschlossen ist. Zusätzlich ist fast das ganze Gelände FFH-Gebiet, eine besondere Form von Naturschutzgebieten, die europaweit definiert worden sind.

Trockenheit ist das Hauptproblem

Terhorst und Gräf wiesen auf das Hauptproblem der Trockenheit hin. Gräf beschrieb den Boden als eine Art Schwamm, der das Wasser aufnehme und speichere. Dabei seien es nicht die trockenen Sommer, die den Wald massiv schädigten, sondern die trockenen Winter, von denen der Hochtaunus drei in Folge zu verkraften habe. Der Boden trockne von unten her aus. Derzeit sei eine Schicht von ungefähr 1,80 Meter zu trocken und bei Regen werde nur eine Schicht von 10 bis 30 cm durchfeuchtet.
Er wünsche sich einen regen- und schneereichen Winter und Regen bis in den Mai, obwohl selbst dies nicht zu einer spürbaren Verbesserung führen werde. Man brauche mehrere feuchte Jahre, so Gräf.

Am stärksten litten unter der Trockenheit die Fichten, da sie Flachwurzler seien. Als robuster haben sich die Eichen mit ihren langen Pfahlwurzeln erwiesen, die Wasser auch aus tieferen Bodenschichten aufnehmen können. Unter eben solche gut gewachsene und vitale Eiche schickte Gräf dann die wALK-Teilnehmer, um Eicheln aufzusammeln und mitzunehmen.

Es ging bergan in den Wald unterhalb des Feldberges, wobei die Gruppe bald die Pfade verließ und zum Teil durch unwegsames Gelände bergauf marschierte. Immer wieder lenkte Gräf die Aufmerksamkeit auf tote Nadelbäume und gleichzeitig auf die den Klimabedingungen besser angepassten Douglasien und Eichen. Auf die Frage, ob Baumarten aus südlicheren Regionen getestet würden und für den hiesigen Wald geeignet seien, erklärte Gräf, dass diese Baumarten oft insbesondere kalte Winter, die es doch immer noch gebe, nicht überleben würden, dass man aber mit bestimmten Eichensorten experimentiere. Besser, so Gräf, sei es jedoch, hiesige Baumarten zu verwenden, die dem Klima von vorneherein angepasst seien.

Baugrenze zu nah am Wald

Als weitere Problemfelder benannte Gräf die stärkere Ansiedlung von Wohnhäusern bis in den Wald oder sehr dicht an seine Grenzen. Beim Hausbau müsse jedem klar sein, dass es auch Probleme geben könne, zu nah am Waldrand zu bauen. Gräf bedauerte, dass die früher einmal geltenden Abstandsregeln zum Waldrand abge­schafft worden seien. Baugrenzen, die sich immer weiter in die Wälder verschieben und das romantische Häuschen im Wald seien unangebracht, erklärte Terhorst.

Abwarten und Eichen säen

Verständlich, so Gräf, sei der Wunsch, schnell etwas für den Wald zu tun, um auch schnell eine Verbesserung seines Zustandes zu erreichen. Er verurteilte auch nicht die sicherlich gut gemeinten Pflanz- und Aufforstungsaktionen, die derzeit von Waldfreunden durchgeführt würden. Allerdings sei es seiner Erfahrung nach besser, auf die Selbstregeneration des Waldes zu setzen. Setzlinge solle man erst dann pflanzen, wenn alle anderen Aktionen erfolglos geblieben seien.

Er zeigte der Gruppe mehrere ehemals mit Fichten bestandene Stellen, an denen die Natur sich selbst erneuert habe. Innerhalb von fünf Jahren seien neben neuen Fichten auch Ebereschen, Birken, Mehlbeeren und eben Eichen bis auf eine Höhe von etwa zwei Metern gewachsen, die sich selbst ausgesät hätten oder von Tieren, wie dem Eichelhäher oder Eichhörnchen dorthin getragen worden seien. Diese Pflanzen seien an den Standort angepasst und robust.

Eine große Gruppe von Laien würde innerhalb eines Tages nur so viele Pflanzen setzen, wie ein einziger geschulter Waldarbeiter an einem halben Tag und es könne sein, dass die Pflanzen nicht fachmännisch gesetzt würden und schief wachsen würden. Auch sollten Setzlinge und Samen von Bäumen desselben Waldes entstammen. Gut gemeint sei eben nicht immer gut gemacht.

Einfache Maßnahmen – nachhaltiger Effekt

Oberhalb einer großen kahlen Fläche, auf der die Fichten vom Borkenkäfer befallen und dann mit Harvestern gefällt worden waren, kamen dann die mitgenommenen Eicheln zum Einsatz. Die wALK-Teilnehmer buddelten kleine Löcher und säten die Eicheln in den Mutterboden. Dies, so Gräf, sei eine einfache und effiziente Methode, dem Wald zu helfen, sich selbst zu regenerieren. Aber sie erfordere eben Geduld.

Weiter oben am Hang erfuhren die Teilnehmer dann, dass die Eichen sich mittlerweile auch in höheren Lagen ansiedelten und dort durchaus überleben. Mit mitgebrachten Kunststoffröhren wurden kleine Eichen und andere Bäume, die ungefähr ein Jahr alt und 20 cm hoch waren, zum Schutz gegen Verbiss durch Wild ummantelt. Die Gruppe beschloss, in einem Jahr wieder zu kommen und zu sehen, wie hoch die Bäume bis dahin seien. Gräf prognostizierte ein Wachstum von etwa einem halben Meter pro Jahr.

Klimaanpassung über natürliche Selektion

Zum Abschluss des wALKs überwog bei allen Beteiligten der Optimismus. Zwar werde der Wald in der Form, wie wir ihn kennen, sich verändern, er werde sich an das Klima anpassen, doch sei er widerstandsfähiger, als man oft vermute. Der Mensch müsse nur im Extremfall in dessen Entwicklung eingreifen und ihm eher die Chance lassen, sich selbst zu regenerieren. Über die natürliche Selektion würden vor allem robuste Bäume überleben. Wenn man unter professioneller Anleitung etwas nachhelfen könne, sei auch dem verständlichen Wunsch, persönlich etwas für den Wald zu tun, Genüge getan. Wichtig erschien den Beteiligten des wALKs auch, das eigene Verhalten im Hinblick auf Klimaschutz und Klimawandel zu reflektieren.

(20.10.2020)

ALK-Stadträtin Gabriela Terhorst und
stellv. Forstamtsleiter Sebastian Gräf

Eichen mit ihren langen Pfahlwurzeln erweisen sich als robuster, denn flachwurzelnde Fichten

Tote Nadelbäume stehen immer wieder im Blick

Die Gruppe verlässt die Pfade und marschiert durch teils unwegsames Gelände bergauf

Sammeln von Eicheln und Bucheckern

Selbstregeneration des Waldes. Diese Pflanzen sind an den Standort angepasst und robust

Einfache Methode um, bei der Regeneration zu helfen, mit Samen desselben Waldes

Die wALK-Teilnehmer buddeln kleine Löcher und säen die Eicheln in den Mutterboden

Mit Kunststoffröhren werden kleine Eichen und andere Bäume gegen Verbiss geschützt
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